abgeschlossen 03/2024
Ungünstige Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen sind weit verbreitet und stehen in einem Zusammenhang mit der Intention, dass Medizinische Fachangestellte (MFA) den Beruf verlassen. Sie berichten von ungünstigen Arbeitsbedingungen, dem starken Wunsch nach berufsbezogenen Veränderungen und häufig der Absicht, den Beruf zu verlassen. Letzteres stellt jedoch nur einen Proxy dar und gibt keinen Aufschluss darüber, wer tatsächlich den Beruf verlässt. Bisher ist unbekannt, ob bzw. welche Arbeitsbedingungen zu einem tatsächlichen Ausstieg aus dem Beruf unter MFA beitragen.
Das vorliegende Projekt soll diese Forschungslücke schließen. In einem ersten Schritt sollen bereits erhobene Daten einer Kohortenstudie unter MFA verwendet werden. Diese Daten bieten die einzigartige Möglichkeit zu untersuchen, inwiefern die psychosozialen Arbeitsbedingungen unter MFA (erfasst in den Jahren 2016/2017) den tatsächlichen Berufsausstieg während der Covid-19-Pandemie (2021) vorhersagen. Zusätzlich zu der quantitativen Analyse sollen Berufsaussteiger*innen im Rahmen einer qualitativen Studie befragt werden. Solch eine nachgelagerte qualitative Studie ermöglicht ein tiefgreifendes Verständnis der Problematik, insbesondere der in der quantitativen Studie identifizierten Zusammenhänge, und kann damit maßgeblich zu einer zielgerichteten Entwicklung präventiver Maßnahmen beitragen, um der Fachkräfteabwanderung unter MFA entgegenzuwirken.
Für die quantitativen Analysen standen prospektive Daten von 456 MFA aus einer 4-Jahres-Kohortenstudie zur Verfügung (Baseline 2016/17, Nachbefragung 2021). Für die Analysen wurden Daten von Teilnehmenden verwendet, die bei Baseline als MFA berufstätig waren und beim Follow-up weiterhin als MFA berufstätig waren oder nicht mehr als MFA arbeiteten. Die Expositionen bei Baseline umfassten:
Assoziationen zwischen kontinuierlichen (z-scores) Expositionsvariablen und dem Berufsausstieg wurden mithilfe multivariabler log-binomialer Regressionen berechnet und mit relativen Risiken geschätzt.
Für die qualitativen Interviews wurden Personen rekrutiert, die früher als MFA berufstätig waren und zum Zeitpunkt der Erhebung berufstätig waren, aber nicht mehr als MFA. Die Rekrutierung erfolgt mithilfe der o. g. Kohortenstudie sowie des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. Zwischen August und November 2023 wurden 20 Teilnehmende befragt. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch unter der Verwendung von MAXQDA ausgewertet.
Quantitative Studie: Bei der Nachbefragung (Mittelwert = 4,4 Jahre, Standardabweichung = 0,1) berichteten 48 der 456 Teilnehmenden einen Ausstieg aus dem MFA-Beruf. Insbesondere psychosoziale Arbeitsbedingungen und berufsbezogene Veränderungsbedürfnisse mit Bezug zu zwischenmenschlichen Faktoren scheinen einen Berufsausstieg vorherzusagen (relatives Risiko, RRs ≥ 1,33).
Qualitative Studie: Wesentliche Gründe für einen Berufsausstieg waren sich verändernde Prioritäten im Laufe des Berufsleben (z. B. im Sinne von Arbeitsstunden und Gehalt), ein konstant hohes Arbeitspensum, geringe Fortbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten und – wie in der quantitativen Studie beobachtet – schlechte zwischenmenschliche Beziehungen, insbesondere mit Vorgesetzen, aber auch mit Patient*innen und Kolleg*innen. Maßnahmen, die laut MFA für einen Verbleib im Beruf motivieren könnten, umfassten u. a. höhere Gehälter, flexiblere Arbeitszeiten, bessere Entwicklungsbedingungen und mehr Anerkennung von Vorgesetzen und Patient*innen.
Gesundheitswesen
Gefährdungsart(en):ungünstige Arbeitsumgebung
Schlagworte:Psycho-soziale Risikofaktoren, Physische Beanspruchung/Belastung, Epidemiologie
Weitere Schlagworte zum Projekt:Arbeitsbedingungen, Gesundheitswesen, Medizinische Fachangestellte